Jetzt ist es amtlich: Eine in der ersten Julihälfte vom Hermann- Rietschel-Institut (HRI) an der TU Berlin durchgeführte Atemluftstudie weist nach,
dass Menschen während eines Kinobesuchs nur einem Bruchteil möglicher Aerosolmengen ausgesetzt sind, die man im Vergleich dazu im Umfeld eines
Büroarbeitsplatzes findet. Das HRI beschäftigt sich seit einigen Jahren mit der luftgetragenen Ausbreitung von Partikeln und Aerosolen: Basierend auf aktuellen Erkenntnissen gelten Aerosole als ein entscheidender Übertragungsweg von SARS-CoV-2-Viren. In der vom HRI durchgeführten Studie wurden die Aerosolkonzentrationen in zwei unterschiedlich großen Kinosälen1 im Vergleich zu einer Bürofläche als Referenz gemessen.
Für die Studie wurden folgende Variablen in den Parametern betrachtet:
• Dauer des Aufenthalts im Raum: 45 Minuten versus 180 Minuten
• Anzahl der infizierten Personen im Raum: eine Person versus 10 % Infizierte der aktuell maximal zulässigen Personenanzahl
• Aktivität: atmen versus sprechen (Während im Kino üblicherweise nur geatmet und nicht gesprochen wird, wird im Büroalltag gesprochen.)
Gemessen wurden in der Untersuchung jeweils nur die Aerosole, die die infizierte(n) Person(en) abgibt/abgeben, da lediglich von diesen Aerosolen ein Risiko ausgeht.
Betrachtet man die einzelnen Berechnungsergebnisse, lässt sich für die vorliegende Untersuchung schlussfolgern:
• Da bei einem Kinobesuch in der Regel nicht gesprochen wird, während im Büroalltag Gespräche stattfinden, beträgt die eingeatmete Aerosolmenge im
Kino unabhängig vom zeitlichen Verlauf gerade einmal 0,3 % gegenüber derjenigen im Büro.
• Selbst im Szenario, dass 10 % der maximal zulässigen Kinobesucher infiziert sind, was aufgrund der aktuellen Infektionszahlen nicht zu erwarten ist, liegt
die Aerosolkonzentration bei den schweigenden Besuchern in den Kinosälen immer noch deutlich unter der Konzentration, der die sprechenden Büromitarbeiter bei nur einem Infizierten ausgesetzt sind.
Wie lassen sich diese Ergebnisse erklären?
Neben dem Unterschied, ob eine Person schweigt oder spricht, kommt die Studie zu folgenden weiteren Erklärungen für die äußerst geringen Messwerte im Kinosaal.
• Bei dem in den Kinos vorherrschenden Belüftungstyp handelt es sich um eine sogenannte Quelllüftung, bei der die Luft in der Regel unter dem Sitzbereich
einströmt, die verbrauchte Luft sich an den Personen erwärmt und dann nach oben steigt. Die Luft im Atembereich dieser Personen ist daher deutlich
weniger aerosolhaltig als bei gleichem Luftwechsel in einem Raum mit Mischlüftung, wie in Büroräumen üblich.
• Zusätzlich – wie auch in den hier untersuchten Sälen geschehen – kann der Frischluftanteil auf bis zu 100 % angehoben werden. Aerosole und Viren
werden daher im Lüftungsvorgang zu 100 % abtransportiert.
• Die Lüftungsanlagen sowohl im Büro als auch im Kino sind jeweils auf die maximal mögliche/zulässige Personenanzahl im Normalbetrieb ausgelegt.
Aus diesem Grund ist im Kino die Frischluftmenge um ein Vielfaches höher als im betrachteten Büro. Wenn jeweils nur eine Person als infiziert
angenommen wird, dann werden im Kino die virenbeladenen Aerosole mit einer sehr viel höheren Frischluftmenge verdünnt.
Erfreut fasst Christine Berg, Vorstand HDF, die Ergebnisse aus Sicht der Kinobetreiber zusammen: „Die Studie des HRI zeigt, wie äußerst gering die Aerosolbelastung und damit das Risiko des einzelnen Besuchers im Kinosaal in der momentanen Situation überhaupt ist. Wir fordern daher, die dieser Studie zugrundeliegende Abstandsregelung von 1,5 Metern bundesweit zu reduzieren, da offensichtlich ist, dass die Sicherheit unserer Gäste auch mit einem geringeren Abstand in jedem Fall gewährleistet ist. Die Kinos können mit der noch in fast allen Bundesländern geltenden Abstandsregelung nur maximal 20 % ihrer Kapazitäten auslasten, was sich wiederum negativ auf die Starttermine neuer Filme auswirkt. Nur wenn die deutschen Kinos ihre Kapazitäten erhöhen können, wird es verstärkt neue Filme geben. Und nur dann sind die Kinos in der Lage, diese Krise überhaupt zu überleben.“